Erlebnisbericht aus dem Ahrntal- April 2022

Erlebnisbericht aus dem Ahrntal- April 2022

Nachdem ich mich im März zu einem freiwilligen Arbeitseinsatz innerhalb der Bergbauernhilfe des Südtiroler Bauernbundes entschieden hab, war es im April auch schon soweit.

Die Auswahl des Bauernhofs war sehr unkompliziert: Mir wurden einige Steckbriefe verschiedener Höfe zugesandt und ich durfte eine Prioritätenliste erstellen – Dies war gar nicht so einfach, schließlich sahen alle Höfe toll aus und hatten ihren Reiz.
Die erste Priorität fiel dann letztendlich auf einen Hof im Ahrntal. Das Telefonat mit dem Bauern war nett und es zeigte sich, dass nicht nur mit den Mitarbeiter*innen des Verein für freiwillige Arbeitseinsätze, sondern auch den Bauernfamilien ein sehr angenehmes Verhältnis herrschte.

Mein Eindruck wurde auch gleich am ersten Tag bei meiner Anreise bestätigt. Nach meiner doch zehnstündigen Anreise mit Bahn und Bus, die durch den gut ausgebauten ÖPNV in Südtirol gut zu machen war, wurde ich vom Jungbauern persönlich an der Bushaltestelle abgeholt. Die nächste, die mich am Hof begrüßte war erst einmal kein Mensch, sondern die Hofdame Luna, ein sehr verschmuster Bernhardinerhund!

Doch gleich später lernte ich schon die ganze Familie kennen. Und nach Brotzeit und Kaffee ging es dann aber auch gleich los mit der Hofführung: Ein Hof, der seit fast 250 Jahren in Familienbesitz ist! Wie ich schon im Steckbrief gelesen habe – und was mich letztendlich auch überzeugt hat – lebt der Hof vom Ertrag der Milchkühe, Jungviehs, Holzwirtschaft, Ferienwohnungen, usw., genug Arbeit also.
Und bei dieser vielen Arbeit durfte ich die nächsten zehn Tag helfen. Ich freute mich drauf, denn nicht nur, dass die Familie sehr herzlich war, mir die Struktur des Hofes gefiel, ich schon immer mal richtig auf einem Bauernhof anpacken wollte, sondern auch jeden Tag in einer so tollen Kulisse des Ahrntals aufwachen zu dürfen und die Aussicht genießen zu können.

Doch wie sich die nächsten Tage herausstellte, hatte ich gar nicht so viel Zeit, um die Aussicht zu genießen. Zwischen der Stallarbeit am Morgen und Abend, meiner täglichen Hass-Liebe-Arbeit des Baumstamm-Entrindens für die Zäune auf einer der beiden Almen, die zum Hof gehören, dem Bewässern der Wiesen und dem Traktor putzen und auf Vordermann bringen, war gar nicht so viel Zeit, den Anblick auf die schneebedeckten Berge, das schöne grüne Tal und den Sonnenschein zu genießen. Wobei: genießen konnte man schon, nur eben im Schnelldurchlauf. Ganz nach dem Motto: einmal einatmen, alles anschauen, ausatmen und weiter geht’s. Wenn dieser schnelle Genuss jedoch durch einen Regenbogen versüßt wird, weil die Sonne scheint und man gerade die Sprenkler der Bewässerungsanlage an- und ausschalten soll, reichen auch diese kurzen Momente.
Zudem war es ein tolles Gefühl, am Abend mit der Familie am Esstisch zu sitzen und am dreckigen Overall zu sehen, was man alles geschafft hat. War der dreckige Fleck ein Überrest vom Ausmisten des Stalls?, ein Ölfleck vom Ölwechsel beim Traktor?, Harz vom Entrinden?, Dreck von der Arbeit auf der Wiese? oder doch nur ein Sabberfleck von Luna? – Wer wusste das schon so genau!
Die Mahlzeiten waren allgemein immer wieder Lichtblicke über den ganzen Tag: egal ob Knödel, Truthahn oder auch einmal nur frische Spiegeleier, es war stets ein Gedicht! Und nach der vielen harten Arbeit hatte man auch reichlich Kohldampf und konnte ohne schlechtem Gewissen zulangen, was die Köchin sehr freute.

Ich möchte keinen einzigen Tag am Hof bei der Familie missen! Jeden Tag waren neue Herausforderungen dabei, die man miteinander löste. Jeder packte an, wo er oder sie nur konnte. 
Und auch die wiederkehrenden Aufgaben, wie die Stallarbeit machte durchaus Spaß! Schließlich sah man bei fast jeder Arbeit im Nachhinein, was man geschafft hat – oder zumindest, dass man selbst davon geschafft war..wenn man abends ins Bett fällt und gleich einschläft.
Als der Tag meiner Abreise näher rückte merkte ich selbst, wie gut mir diese Auszeit vom Alltag Zuhause getan hat und wie wohl ich mich in der Familie fühlte. Ich wurde vom ersten Tag an sehr herzlich aufgenommen und man spürte, wie dankbar sie für die Mithilfe waren. Ich wollte selbst nicht weg von ihnen, aber auch sie wollte mich fast nicht gehen lassen.

So habe ich über die zehn Tage nicht nur eine wunderschöne Zeit gehabt, sondern zugleich auch eine zweite Familie gewonnen, in der ich immer wieder willkommen bin.
Aus diesem Grund sagten ich am Schluss zu allen „Auf WIEDERsehen“!

Ich könnte noch Seitenweise über meinen freiwilligen Einsatz am Hof schreiben, aber das würde den Rahmen sprengen und wäre auch nicht das Gleiche, wie wenn man es selbst erlebt.
Wenn Sie also bis hier gelesen haben, ermuntere ich Sie den sehr unkomplizierten und gewinnbringenden Freiwilligeneinsatz auszuprobieren!