Erlebnisbericht aus dem Eisacktal 2018

Erlebnisbericht aus dem Eisacktal 2018

Auch ich möchte über meinen allerersten Einsatz als Erntehelferin auf einem Bergbauernhof im Eisacktal berichten. Schon immer wollte ich so etwas machen und wurde durch einen Artikel in der Apothekenrundschau auf die Adresse der Bergbauernhilfe gebracht. Warum nicht schon viel eher? Das waren meine Gedanken. Trotzdem überlegte ich mir lange diesen Schritt und wog Für und Wider ab. Da ich die schwere Arbeit durch meinen erlernten Beruf in der Landwirtschaft kenne und ich nun schon 59 bin, kamen mir oft Zweifel ob ich dem noch gewachsen bin. Doch wenn nicht jetzt, wann dann ? Irgendwann kann es dafür zu spät sein. Also trat ich mit dem Büro der Bergbauernhilfe in Kontakt und hatte nun die schwierige Aufgabe, mich für einen der vorgeschlagenen Höfe zu entscheiden. Letztendlich sollte es ein Hof im Eisacktal sein, bei einem alleinstehenden Bauern mit Milchkühen, Jungtieren, Alm und allerhand Wiesen und Weiden, dazu natürlich Haus- und Gartenarbeit, also volles Programm.

Nachdem ich dann mit dem Bauern telefoniert hatte, begann meine Helferzeit am 1.7.18 für 3 Wochen. Viele Gedanken beschäftigten mich bis zu diesem ersten Einsatz, den Bauern wahrscheinlich auch, denn ich war für ihn eine „Neue“. Der erste Kontakt war dann völlig zwanglos, lustig und unkompliziert, der schwerste Stein fiel mir erst mal vom Herzen. Über die Arbeit in der kommenden Zeit möchte ich nicht in Einzelheiten berichten, sie umfasste Stallarbeiten wie füttern, Kälber tränken, Stroh in den Stall bringen, Frühstück und Abendbrottisch decken, kochen, Unkraut jäten, Heu-und Silagebereitung auf der Alm. Gemolken hat er selbst in einem kleinen Melkstand, eine große Erleichterung, so brauchte man sich dabei nicht zu bücken.

Die Heu-und Silagegewinnung gestaltete sich manchmal problematisch, waren doch dazu noch mehrere Helfer nötig und das immer mit dem Blick auf den Wetterbericht und den Himmel, der dem geübten Blick der Bergbauern so manchen Wetterbericht ersetzte. Doch Petrus hatte ein Einsehen mit uns und ließ es nicht regnen. So konnten wir eine gute Heuernte einbringen, diese war zwar mengenmäßig nicht so befriedigend, aber immerhin nicht verregnet.

Ich möchte an dieser Stelle auch nicht verschweigen, das auch mir die steilen Hänge, die Sonne und die tagelange Arbeit mit dem Holzrechen zu schaffen machte. Es war aber immer so, das ausreichend Pause gemacht wurde. Essen und Trinken war ausreichend da, zum Teil nahmen wir es als Picknick vom Hof mit auf die Alm. Wäre mir die Arbeit zu viel geworden, hätte ich mich jederzeit ausruhen können. Nach einer Woche gewöhnt man sich dann an die Hanglage (gute Bergschuhe vorausgesetzt) und der Muskelkater lässt nach, es ist also ein ganz natürlicher Vorgang wenn man damit anfangs Schwierigkeiten hat. Auch die wunderschöne Aussicht auf die umliegenden Berge und die bunten Wiesen ( ich fand auch Zeit um meinen gesamten Winterkräutertee zu sammeln ) entschädigten für die Arbeit.

Außer dieser Arbeit half ich früh und abends im Stall mit, richtete Frühstück und Abendbrot und kochte. Die Haus-und Gartenarbeit musste während der Erntezeit etwas in den Hintergrund treten. Nie gab es ein „muss“ oder ein böses Wort. Wir konnten uns immer einigen, ob wir Südtiroler oder deutsche Küche essen oder einen Mix aus beidem. Ich glaube wir haben den goldenen Mittelweg gefunden, denn keiner von uns beiden hat über das Essen gemeckert.

Die 3 Wochen gingen schneller als gedacht vorbei. Es war eine arbeitsintensive, aber auch schöne Zeit, mit Rücksicht auf die persönlichen Gewohnheiten. Immerhin müssen (in meinem Fall zwei) sich völlig fremde Personen aufeinander einstellen, im Haushalt und sich bei den sanitären Bedürfnissen anpassen. Sicher gibt es Fälle, wo dies Probleme bereitet. In unserem Fall ging alles reibungslos.

Es kam also schließlich der Tag der Heimreise für mich. Mit dem Flixbus fand ich eine preiswerte Heimreise. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, das ich schon im Oktober auf diesem Hof erneut helfen konnte. Vom Wetter her eine sehr sonnige warme Zeit, goldener Oktober. Die Arbeit war nicht mehr ganz so abhängig vom Wetter. Die Tiere von der Alm weideten jetzt auf den Wiesen rund um den Hof. Ich half beim Weide bauen, im Stall und bei allen anderen Dingen wie schon im Sommer. Auch diese Zeit ging schnell vorbei, für mich etwas entspannter, kannte ich nun schon den fremden Haushalt, einige Leute, die Gewohnheiten „meines Bauern“ sowie den Tagesablauf. Beim Abschied war es uns beiden klar, dass es im kommenden Jahr bestimmt ein Wiedersehen geben wird.

Über das Leben der Bergbauern, früher fast unmenschlich hart und entbehrungsreich, erfuhr ich viel in den Unterhaltungen mit „meinem Bauern“. Schwer für alle Bewohner eines Hofes und noch härter für alleinbewirtschaftete Höfe, sei es durch Schicksalsschläge oder persönlicher Umstände. In diesen 5 Wochen wurden mir Dank und Wertschätzung entgegengebracht, im Gegenzug war es für mich eine „Auszeit“ vom Alltag . Wenn auch die Helfer einen Bauernhof nicht retten können, so sind sie doch hilfreiche Begleiter für eine kurze Zeit im arbeitsreichen Leben der Bergbauern. Meine große Achtung auch im Bezug darauf, dass sich die Bauern immer wieder auf fremde Leute einstellen müssen, mit ihnen ihre privatesten Dinge teilen und ihnen ihr Vertrauen entgegenbringen. Dieser Bericht soll allen Mut machen oder eine kleine Entscheidungshilfe bei der Wahl sein, Erntehelfer Ja oder Nein. Man muss allerdings damit leben können, das man nicht bei allen Mitmenschen auf Verständnis stößt, seine knapp bemessene Freizeit oder Urlaub damit zu verbringen, ohne Lohn bei fremden Leuten zu arbeiten.

Meinen Dank auch an meine Familie, die bei meiner Abwesenheit von zu Hause ( wir haben auch Haus, Garten und Kleintiere) alles am Laufen hielten.

 

Eine freiwillige Helferin aus Blankenhain in Sachsen (D)