
26 Aug. Erlebnisbericht aus dem Vinschgau (1) – Juni 2025
Für 2 Wochen bin ich auf einem Hof im oberen Vinschgau, der außerhalb der Ortschaften am Berghang liegt. Schon bei der Anfahrt am Morgen kann ich die großen und steilen Wiesen
unterhalb des Hofes ausmachen, die es in den folgenden Tagen zu mähen gilt. Von Hund und Bergbäuerin werde ich herzlich empfangen.
Nachdem ich mein Zimmer bezogen habe, präsentiere ich mich voller Tatendrang und frage nach der zu verrichtenden Arbeit.
Da der Bauer noch unterwegs ist und mich nicht gleich zum Mähen einweisen kann, darf ich zunächst eine Vielzahl von Johannisbeersträuchern vom Unkraut befreien.
An den in der Folge teils extrem heißen Tagen kann ich zum Ausgleich der anstrengenden Heuarbeit mehrfach Eimer an Beeren ernten, die die Bäuerin und eine Schwägerin mit Begeisterung zu Marmelade einmachen. Auch ich kann jeden Morgen die frischen Beeren in meinem Müsli genießen.
Ab dem zweiten Tag ist dann aber Heuarbeit im Vordergrund. An der Straßenböschung und in den steilen Bereichen der Wiesen ist es nicht möglich maschinell zu mähen. Daher darf ich gemeinsam mit dem Bauern mit der Sense arbeiten, was mir auch ganz gut gelingt. Lediglich das Nachschärfen mit dem Schleifstein muss ich dem „Chef“ überlassen, hier finde ich nicht den richtigen Schliff.
In den folgenden Tagen durchlebe ich wiederkehrend sämtliche manuellen Facetten der Heuernte: Sensen, Wenden, den Schnitt den Steilhang hinabbefördern mit Gabel und Rechen, dann das „Beladen“ des Heuwagens, das „Entladen“ im Stall und das Füttern der Maschine, die das Heu schlussendlich in bis unters Dach des Stalls befördert.
Der Bauer achtet zu jeder Zeit darauf, dass ich mich in der Hitze nicht verausgabe und genügend Flüssigkeit tanke.
Ich erkenne recht schnell, dass die Heuernte ohne zusätzliche temporäre Hilfe von Verwandten, die alle einem eigenen Beruf nachgehen, nicht zu bewältigen ist. Umso mehr sehe ich meine Tätigkeit als Helfer für sinn- und wertvoll an. Hier packt jeder an, der Zeit entbehren kann.
Die Tage verbringe ich gemeinsam mit dem Bauern-Ehepaar vom Frühstück bis zur Nachtruhe.
Die Bäuerin fragt mich beinahe jeden Tag, ob ich irgendetwas von ihren geplanten Gerichten nicht mag oder nicht vertrage. Da dies nicht der Fall ist, komme ich in den Genuss diverser leckerer Südtiroler Speisen.
Ab dem ersten Tag erfahre ich die Herzlichkeit und Gastfreundschaft des Ehepaares und der zeitweise helfenden Verwandten. Beim Essen, nach getaner Arbeit, aber auch während der
gemeinsamen Arbeit tauschen wir uns in Gesprächen aus und haben jede Menge Spaß miteinander.
Die Arbeit ist körperlich anstrengend, vor allem das permanente Arbeiten am Hang ist für mich ungewohnt und ich bin froh, dass ich mich ausreichend mit Blasenpflastern (zur Vorbeugung) eines deutschen Drogeriemarktes ausgestattet habe.
Ein Traum ist der tägliche Ausblick auf das Vinschgauer Tal mit seiner Panorama-Berglandschaft. Fast jeden Abend genießen wir hier die visuellen Eindrücke der Dämmerung und lassen den Tag ausklingen.
Ein Sohn der Familie, der an mehreren Tagen hilft, ist selbst Almhirte. An meinem letzten Tag wird kein Heu gemacht. Stattdessen helfen der Bauer und ich dem Almhirten beim Auftrieb von rund 25 Kühen. Auch die Freundin des Almhirten packt mit an. Anschließend setzen wir auf über 2000m Höhe einen Zaun den steilen Hang hinauf, der die Kühe davon abhalten soll, in felsiges und steiles Gelände zu gelangen, wo es sonst zu gefährlichen Abstürzen kommen könnte.
Auch hier bin ich von der fantastischen Umgebung und den Blick auf die Berglandschaft begeistert.
Zum Abschied am nächsten Tag bekomme ich als Dankeschön einen großen Korb voller lokaler Spezialitäten: Käse, Kaminwurzen, Speck, und Schüttelbrot.
Ich verlasse den Hof mit Wehmut und mit der Gewissheit, eine unvergessliche Zeit mit herzlichen Menschen verbracht zu haben, die mich bestimmt nicht zum letzten Mal gesehen haben.