Erlebnisbericht Juni 2017

Erlebnisbericht Juni 2017

Erlebnisbericht aus dem Eisacktal – Juni 2017

Einmal eine ganz andere Lebenssituation kennenlernen und dabei etwas Gutes für seine Mitmenschen tun, Bergbauern unter die Arme zu greifen, die ihre Höfe unter extremen Bedingungen bewirtschaften.

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Einleitung

Einmal eine ganz andere Lebenssituation kennenlernen und dabei etwas Gutes für seine Mitmenschen tun: Dank des P-Seminars von der Professorin, bekamen die Schülerinnen des Edith-Stein-Gymnasiums im Leitfach Sozialkunde die Möglichkeit, Bergbauern unter die Arme zu greifen, die ihre Höfe unter extremen Bedingungen bewirtschaften. Um zu erfahren, mit welchen Schwierigkeiten die Bergbauern konfrontiert sind und worin sie ihre Erfüllung finden, besuchten die Schülerinnen jeweils in kleinen Gruppen für eine Woche einen Bergbauernhof im deutschsprachigen Alpenraum Italiens. Das folgende Portfolio stellt eine Sammlung meiner persönlichen Lern- und Arbeitsprozesse während des Seminars dar. Den Schwerpunkt bildet dabei die Dokumentation meines Aufenthalts auf dem Hof.

Spendensammeln für die Busfahrt durch Apfelstrudelverkauf

Um die Busfahrt zu unserem einwöchigen Bergbauernaufenthalt preiswerter zu gestalten, hatten wir die Möglichkeit, am Tag der Offenen Tür des Edith-Stein-Gymnasiums selbstgemachte, nahezu authentisch südtirolerische Apfelstrudel anzubieten und dadurch Spenden für die Fahrt nach Südtirol zu sammeln. Hierbei sollten wir die Organisation des Verkaufs selbst übernehmen und uns eigenständig in Gruppen einteilen. Ein Teil der Schülerinnen hatte die Aufgabe, den Verkaufsstand vorzubereiten. Andere druckten Bilder vom Aufenthalt der Schülerinnen des P-Seminars aus dem Vorjahr aus und gestalteten informative Plakate rund um das Thema „Freiwilliger Bergbauernhofeinsatz”. Zu guter Letzt waren viele Mädchen dazu bereit, eine breite Auswahl verschiedenster Apfelstrudel zu backen. Dank der hohen Motivation und Verlässlichkeit aller Beteiligten gelang es uns, gemeinsam einen schönen Stand auf die Beine zu stellen.

Die Organisation dieser Verkaufsaktion war für uns gleichzeitig eine gute Gelegenheit, unsere Organisations- und Managementkompetenzen, Verlässlichkeit, sowie unsere Teamfähigkeit zu üben. Alle diese Aspekte sind ja auch wichtige Voraussetzungen, um im späteren Berufsleben Erfolg zu haben.

Informationen zum Verein „Freiwillige Arbeitseinsätze in Südtirol”

Der Verein „Freiwillige Arbeitseinsätze in Südtirol” wurde im Jahr 1997 gegründet, um bedürftige Bergbauernfamilien, insbesondere Bergbauern in Grenzlagen, mit Hilfe von freiwilligen Helfern zu unterstützen. Der Bedürftigkeitsgrad dieser Bauern wird dabei anhand von festgelegten Kriterien festgestellt. Dazu zählen beispielsweise Höhenlage, Steilheit, finanzielle und soziale Situation, Anzahl der Familienmitglieder und Gesundheitszustand. Die Helfer werden überall dort eingesetzt, wo tatkräftige Hilfe benötigt wird, um die Existenz der Familien sichern zu können. Im Austausch gegen Essen und Unterkunft leisten Helfer das ganze Jahr über durchschnittlich zwei Wochen lang Unterstützung. Viele Bauernfamilien wertschätzen die Arbeitseinsätze dieser Freiwilligen sehr. Diese Unterstützung gibt ihnen oftmals auch Kraft, die Bewirtschaftung ihrer Höfe selbst in schwierigen Zeiten nicht aufzugeben, etwa wenn die finanziellen Mittel knapp sind, die Arbeit aus Altersgründen beschwerlich wird oder wenn die eigenen Kinder den Betrieb nicht übernehmen wollen.

Rezeptaustausch

Im Rahmen der Vorbereitung auf unseren anstehenden Einsatz machte uns die Professorin mit den Tätigkeiten vertraut, die uns dort erwarteten. Dies, so erfuhren wir, würde neben Stallarbeit und Heumachen auch Küchenarbeit beinhalten. Jede Gruppe sollte ein bis zwei Rezepte heraussuchen und vorstellen, um sie anschließend gemeinsam in der Gruppe zu besprechen. Gedacht war diese Aufgabe als Hilfestellung für unsere Kocharbeit auf den Höfen. Meine Schulkameradin und ich entschieden uns für „Tiroler Kasspatzln“ und für „Südtiroler Kaiserschmarrn“, da die Zubereitung dieser Gerichte erstens recht leicht ist und vor allem zweitens die Zutaten für diese beiden Rezepte lokal beschafft werden können. Letztendlich entschieden wir uns allerdings doch dafür, dass jede Gruppe sich eigenständig auf das Kochen vorbereiten sollte. Die Professorin bot netterweise an, gerne alle Rezepte an alle weiterzuleiten.

Individuelle Aufgabe

Jede Schülerin wurde eine individuelle Aufgabe zugeordnet, welche sich im weiten Sinne um das Projekt „Bergbauernhofeinsatz” drehte. Ein solcher Arbeitsauftrag bestand beispielsweise darin, eine Telefonliste mit den Nummern aller Schülerinnen und Eltern anzufertigen, einen Artikel für die Homepage der Schule zu verfassen oder die Busfahrt zu organisieren. Meine Aufgabe war es, der Professorin bei der Organisation zu unterstützen, schwerpunktmäßig durch Korrespondenz.

Zu Beginn mussten Gruppen bestehend aus zwei oder drei Schülerinnen gebildet werden. Um uns eine erste Übersicht zu verschaffen, fertigten meine Schulkameradin und ich einen groben Plan an. Dieser veranschaulichte, welche Schülerinnen zusammen auf einen Hof gehen wollten und welcher der drei zur Verfügung stehenden Termine ihnen am meisten zusagte. Dabei wurde darauf geachtet, dass jeder integriert wurde und niemand alleine auf einen Hof gehen musste. Dieser Plan wurde anschließend der Professorin übergegeben. Zur Zufriedenheit aller Schülerinnen berücksichtigte der fertiggestellte und ausgearbeitete Plan der Professorin die Wunschdaten und die bevorzugte Zusammenstellung der einzelnen Gruppen.

Einem aufregenden Aufenthalt in den Südtiroler Bergen stand damit nichts mehr im Wege. Der Schwerpunkt meiner Aufgabe lag darin, als Bindeglied zwischen Professorin und den an der Fahrt teilnehmenden Schülerinnen zu fungieren. Hauptsächlich leitete ich E-Mails an das restliche P-Seminar weiter, um die Schülerinnen durchgehend über wichtige Neuigkeiten den Aufenthalt betreffend zu informieren. Dadurch erhielten die Mädchen beispielsweise alle Informationen über die einzelnen Höfe, über die auszufüllenden Formulare oder wann das nächste Treffen anstand. Durch die umfangreiche Korrespondenz habe ich gelernt, wie vielfältig und komplex die Organisation eines solchen Aufenthalts ist. Zudem ist mir bewusstgeworden, wie viele Details berücksichtigt werden müssen, damit eine solche Reise gelingen kann. Des Weiteren hatte ich die Möglichkeit, mich durch meinen Arbeitsauftrag in Verlässlichkeit zu üben, da die Professorin darauf vertraute, dass ich die Nachrichten weiterleitete. Die damit verbundene Verantwortung hat mir, so denke ich, viel gebracht, denn auch im späteren Berufsleben ist Zuverlässigkeit eine Kernkompetenz, ohne die man in einem Betrieb nicht erfolgreich tätig sein kann.

 

Aufenthalt am Hof

Die Familie

Nach einer angenehmen 3.5-stündigen Fahrt wurden wir am 02.06.2017 vom Busfahrer abgesetzt. Dort wartete auch schon die Bäuerin, um uns mit einem „Hallo, Gitschn!” herzlich in Empfang zu nehmen. Der Bauernhof war weitere 10 Minuten Autofahrt von der Raststätte entfernt.

Dort angekommen, stellten sich uns der Bauer und der zwölfjährige Sohn vor, der jüngste der Familie. Gleich zu Beginn zeigte sich die Bäuerin sehr warmherzig und fürsorglich. Bereits auf der kurzen Anfahrt zum Hof machte sie uns mit den etwas schwierigen Beziehungen der Familie zum ältesten Sohn bekannt und bat uns, ihn etwas unter unsere „Fittiche zu nehmen”. Durch das uns entgegengebrachte Vertrauen fühlten wir uns gleich willkommen und in die Familie integriert. Auch der jüngste Sohn war uns gegenüber sehr hilfsbereit. Er führte uns unerschrocken und völlig frei von Berührungsängsten über den Hof. Mit seiner lebhaften, sympathischen Art stand er uns Rede und Antwort und gab uns schnell das Gefühl, heimisch zu sein.

Die anfängliche Verschlossenheit des Bauers legte sich während der darauffolgenden Tage schnell, nachdem wir feststellten, dass wir nur etwas lauter und deutlicher reden mussten, da er Probleme mit seinem Gehör hat. Als diese Kommunikationsschwierigkeiten aus dem Weg geräumt waren, folgten zahlreiche angeregte Diskussionen über das Bauernleben, bei denen er uns geduldig und gerne unsere vielen Fragen beantwortete.

Erst im Laufe der Woche lernten wir zwei weitere Mitglieder der Familie kennen: die Tochter, die auf der Seiser Alm arbeitet und den ältesten Sohn, der in Villanders in der Küche eines Hotels beschäftigt ist. Die Tochter war ebenso wie die anderen Familienmitglieder an die Anwesenheit von Helfern gewöhnt, wodurch auch sie uns sehr offen und freundlich gegenübertrat. Der älteste Sohn war im Gegensatz zu allen anderen in der Familie sehr zurückgezogen und verschlossen. Er mied unsere Anwesenheit und schnell verstanden wir, was die Bäuerin meinte, als sie uns am ersten Tag von seiner Schüchternheit erzählt hatte. Dennoch gelang es uns einige wenige Male, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Dabei taute er dann etwas auf. Außerdem war eine Helferin zu Besuch, die im Vorjahr auf dem Hof geholfen hatte. Sie erzählte uns viel über die anstehenden Arbeiten und was uns für eine tolle Woche voller neuer Erfahrungen und Erkenntnisse erwarten würde. Auch die Oma lernten wir kennen, welche früher auf dem Hof mitgearbeitet hat, nun aber pflegebedürftig ist. Im Laufe der Woche kamen zahlreiche Geschwister der Bauersleute zu Besuch, welche ihre eigenen Höfe in der Umgebung haben.

Da uns die Familie gleich zu Beginn in ihr Arbeitsleben einband, fühlen wir uns sofort in das Familienleben integriert. Auch war gar keine Zeit vorhanden, um Scheu zu zeigen, da erstens zu viel zu tun war und zweitens die Bauern uns nie das Gefühl gaben, dass wir etwas falsch machen könnten. „Learning by doing” war, so schien es, das zugrundeliegende Motto in diesem Betrieb.

Arbeitsbereiche

Umfassend gesagt halfen wir bei allen Arbeiten, die im Laufe der Woche anfielen. Zum einen lockerten wir die Erde im Gemüsebeet, pflückten Kamillenblüten für Tee, halfen beim Hausputz, kauften mit der Bäuerin ein, verlegten Wasserleitungen für das Kartoffelbeet und lernten unsere Leidenschaft für das Reinigen eines Mähwerks mit einem Hochdruckreiniger kennen.

Auch beim Kochen griffen wir der Bäuerin unter die Arme. Die Rezepte, mit denen wir uns vorab beschäftigt hatten, kamen uns dabei sehr zugute. Die Bäuerin brachte uns bei, wie man Brot bäckt und verriet uns ihr Rezept für Kräutersalz mit Kräutern aus dem eigenen Garten. Im Gegenzug nahmen wir die Familie auf eine kulinarische Reise mit, bei der wir Couscous kochten. Ein anderes Mal sollte es bayerische Hausmannskost geben, worauf sich der Bauer besonders freute. Wir servierten Kartoffelknödel mit Soße. Auch das Rezept für Südtiroler Kaiserschmarrn kam zum Einsatz.

Da genug zu tun war, bekamen wir keine Schonkur als Stadtkinder verpasst, sondern wurden von der ersten Minute an in die anstrengende körperliche Arbeit involviert, was uns beiden aber sehr gefiel. Neben den vielen kleinen Arbeiten, die anstanden, lagen unsere Hauptaufgaben in der Stallarbeit und in der Arbeit im Weinberg.

Der Stall

Die täglich anfallende Stallarbeit bestand aus Misten, Füttern und Melken. Wir stürzten uns auf die Schaufeln und nahmen das Ausmisten mit viel Euphorie in Angriff – sehr zur Freude des Bauern, der amüsiert feststellen musste, dass auch zwei Stadtkinder, wie wir es waren, kräftig anpacken konnten. Anschließend wurden die Kühe gemolken. Der Bauer erklärte uns, dass Kühe sehr sensible Tiere sind. Es könne, wie er sagte, sogar dazu kommen, dass sie keine Milch geben, wenn eine fremde Person versuchen würde sie zu melken, da sie zu nervös werden. So konnten wir leider nicht ich die Kunst des Kühemelkens erlernen. Dennoch war es sehr interessant, den Prozess zu verfolgen und den Weg vom Euter der Kuh bis auf den Frühstückstisch hautnah mitzuerleben. Danach stand die Fütterung an.

Diese durften wieder wir Mädchen übernehmen. Wir zerkleinerten die Heuballen und verteilten das Heu in die Futtertröge der Rinder. Anschließend folgte das abermalige Zerkleinern und Verteilen von zwei Silageballen. Es war aufregend, zu beobachten wie uns diese Anstrengung von Tag zu Tag leichter von der Hand ging. Am Ende der Woche hatten wir die Möglichkeit die Kühe mithilfe eines Hochdruckreinigers zu säubern, was uns beiden einen riesigen Spaß bereitete.

Die Weinberge

Die Arbeit im Weinberg war unsere zweite tägliche Hauptaufgabe. Hierbei ging es hauptsächlich darum, die Reihen zu ordnen. Dabei mussten die einzelnen Äste der Weinrebe, die nach außen standen, durch die dafür vorgesehenen Drähte so platziert werden, dass sie nach oben und nicht zur Seite wachsen. Diese Arbeit war sehr mühselig und zeitintensiv. Mit der Zeit jedoch lernten wir, diese Aufgabe sogar zu genießen. Mit Ruhe und Geduld arbeitet man sich Reihe für Reihe weiter und verliert sich in seinen Gedanken. Diese Routine ist fast schon meditativ und am Ende einer Arbeitsperiode auf die Reihen zu schauen, die man bearbeitet hat, seine vollendete Arbeit zu betrachten, ist sehr befriedigend. Umso niederschmetternder war es dann, dass Regen und Wind nur einen Tag später unsere mühselig eingesteckten Reben zu einem Großteil wieder aus der Drahthalterung herausgeweht hatte.

Die Bäuerin ermutigte uns, am nächsten Tag wieder von Neuem zu beginnen und wir waren sehr beeindruckt, wie sie trotz dieses Rückschlags, den sie sicherlich schon wesentlich öfter hat ertragen müssen, immer wieder die Kraft fand, von vorne anzufangen. Wir zwei Helferinnen nahmen uns an ihrem Durchhaltevermögen ein Beispiel und gingen wieder an die Arbeit.

Vor dem Pflanzen der Reben ist es nötig, ein Grundgerüst zu bauen, an dem sie sich entlangranken können, während sie wachsen. Diese Halterung zu bauen, kostete uns viel Schweiß und garantierte uns zusätzlich einen kräftigen Muskelkater für die nächsten Tage. Der Bauer zeigte uns die einzelnen Schritte und wir taten es ihm gleich. Wir hatten großen Spaß daran, die Löcher zu graben und die Drähte zu ziehen. Nach einigen Stunden harter Arbeit kamen wir aber sehr gerne der Aufforderung von der Bäuerin nach, „erscht amal zu raschten”. Bei dieser Tätigkeit kam uns so richtig zum Bewusstsein, wie anstrengend das Leben als Bergbauer tatsächlich ist.

Herausforderungen eines Bergbauern

In zahlreichen Gesprächen mit der Bauersfamilie kristallisierten sich viele Herausforderungen heraus, die der Beruf des Bergbauern mit sich bringt. So liegt beispielsweise der Milchpreis der Genossenschaft, in der der Bauer Mitglied ist, bei 55 Cent pro Liter. Das ist zwar deutlich mehr als der Preis, den Bauern in Süddeutschland erzielen können. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass dort die Flächen deutlich weniger arbeitsintensiv zu bewirtschaften sind als im Gebirge und dass wegen der höheren Anzahl der Kühe pro Hof auch die Milcherträge höher sind. Dennoch meinte er, dass seine Mitgliedschaft in der Genossenschaft ein Vorteil sei, da der zu erzielende Preis für seine Milch dort höher wäre als auf dem freien Markt.

Ähnlich stellen sich die Probleme eines Bergbauern im Weinbau dar. Die Flächen, die bewirtschaftet werden können, sind im Vergleich zu den großen Anbaugebieten im Flachland erschreckend klein. Der Hof verfügt über eine Anbaufläche von 1,5 Hektar, davon wird etwa 1 Hektar tatsächlich für den Weinanbau genutzt. Als Mitglied der Genossenschaft kann der Bauer zumindest mit sicheren finanziellen Erträgen rechnen. Die Trauben werden in die Kellerei gebracht und dort zu Wein verarbeitet. Die Bezahlung erfolgt in vier über das Jahr verteilte Etappen. Allerdings sind die Genossenschaftsmitglieder auch bestimmten Zwängen unterworfen. So sind sie dazu verpflichtet, ihre Weinberge mit Schädlingsbekämpfungsmitteln zu spritzen, weil die Genossenschaft auf einen möglichst hohen Ertrag Wert legt.

Eine große Sorge vieler Bergbauern ist die Fortführung ihres Betriebs. Oftmals ist keines der Kinder bereit, den elterlichen Betrieb zu übernehmen und fortzuführen, weil sie die viele Arbeit und die geringen Verdienstchancen scheuen. Das war auch in unserer Gastfamilie so. Für die sehr traditionsbewussten Bergbauern ist das nicht nur eine große emotionale Belastung, sondern auch ein Grund zu Sorge im Hinblick auf ihre Versorgung im Alter.

Reflektion auf Basis meiner Erfahrungen

Während meines Aufenthalts auf dem Hof habe ich sehr viele Erfahrungen gesammelt, die mir – davon bin ich überzeugt – in vielen Lebenssituationen weiterhelfen werden.

Als wir zusammen mit dem Bauer die Wasserleitungen für das Kartoffelbeet fertig verlegt hatten, stellten wir fest, dass irgendwo im Schlauch eine Blockade sein musste, da das Wasser nicht wie erwartet anfing zu fließen, nachdem wir den Hahn aufgedreht hatten. Johann begann seelenruhig nach der Ursache der Blockade zu suchen, während ich meiner Schulkameradin einen verzweifelten Blick zuwarf. Der Schlauch war einige Hundert Meter lang und reichte vom Haus herunter zu dem Acker auf dem wir nun standen. Allein der Gedanke, jeden Zentimeter dieser Leitung, nach der ganzen harten Arbeit des Verlegens absuchen zu müssen, ohne 100-prozentig sicher sein zu können, dass die Ursache hier lag, ließ mich innerlich aufschreien. Doch der Bauer ließ sich nicht beirren und suchte seelenruhig weiter, also blieb uns auch nichts Anderes übrig.

Schon nach wenigen Minuten stand fest, dass etwas hart gewordene Erde im Endstück des Schlauchs das Wasser nicht durchfließen lassen wollte. Mit einem Stock stocherte der Bauer ein wenig in der Leitung herum – und voila, das Wasser floss!

Ich habe daraus gelernt, dass es wichtig ist, eine Aufgabe diszipliniert zu Ende zu bringen, ohne sich durch kleine oder vielleicht manchmal auch größere Rückschläge komplett aus der Bahn werfen zu lassen. Durchhaltevermögen ist eine wichtige Kompetenz, ob in der Schule oder im späteren Berufsleben. Wer zu früh aufgibt, wird nie die Chance haben zu erkennen, dass die Lösung oftmals näherliegt als man zu Beginn meint.

Ebenso lehrte mich die Arbeit im Weinberg, wie viel Zufriedenheit man aus Teamwork gewinnen kann. Während die Bäuerin, meine Schulkameradin und ich wieder einmal die Weinreben steckten, zogen dunkle Wolken auf. Wir beeilten uns sehr, unsere Reihen fertig zu bekommen und unser Tagesziel damit zu erreichen. Als die ersten Tropfen fielen, hatten wir es fast geschafft. Die Bäuerin bot uns an, aufzuhören und morgen weiter zu machen, aber uns hatte der Ehrgeiz gepackt. Wir hatten ein gemeinsames Ziel vor Augen und man hatte ein richtiges Gefühl der Zusammengehörigkeit. Als wir fertig waren, liefen wir alle schnell ins Haus und waren mächtig stolz, zusammen noch alles geschafft zu haben. Alleine wäre das nicht möglich und auch sicher nicht halb so lustig gewesen.

Insbesondere sehe ich Lebensmittel nun mit einer noch größeren Wertschätzung an. Das Bauen einer Halterung über das Pflanzen der Reben bis zum Pflegen des Weinstockes war dabei ja nur ein kleiner Teil der Arbeit, die für die Produktion von Wein nötig ist. Nach all den Anstrengungen, die wir im Weinberg auf uns genommen haben, ist mir klar, dass man einen Tetrapack-Wein für kaum mehr als einen Euro nicht guten Gewissens kaufen kann. Ich weiß nun nicht nur, wie viel Arbeit hinter der Herstellung eines Weines steckt, sondern ich habe eine der Familien kennengelernt, die unter erschwerten Bedingungen tagtäglich harte Arbeit leisten und vom Ertrag, den ihre Produkte liefern, leben müssen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der freiwillige Arbeitseinsatz ein sehr bereicherndes Erlebnis für mein Leben war. Ich bin der Meinung, dass der Einsatz mir den Einstieg in die zukünftige Berufswelt erleichtern wird, da wir lernten außerhalb des schulischen Rahmens selbstständig zu arbeiten und Selbstinitiative zu ergreifen. Wenn man dabei auch noch das Glück hat, einen Einblick in die Erwirtschaftung unserer Nahrungsmittel durch so eine sympathische Familie zu erhalten, dann kommt man sicherlich zu dem gleichen Entschluss wie ich, einen solchen Aufenthalt nicht zum letzten Mal gemacht zu haben.