Makers Bible – August 2022

Makers Bible – August 2022

Perspektivenwechsel

Freiwilliges Arbeiten auf Südtiroler Bergbauernhöfen

So könnte ihr Südtirol-Urlaub auch aussehen: Harte Arbeit statt Müßiggang, mit einfacher Kost und einem Tagesablauf, der sich einzig und allein nach den Sonnenstunden richtet. Inmitten der Natur und vor gewaltiger Bergkulisse Tiere versorgen, Locals kennenlernen und Beziehungen fürs Leben knüpfen. Abends erschöpft in die Federn fallen – und noch Wochen danach, längst zurück im Büro oder im Home Office sich an den Hof zurücksehnen. Weil die Arbeit dort mehr gebracht als nur Mühen gekostet hat. Und der eigene Kopf ein Stückchen freier war. Wer sich schon immer gefragt hat, wie das Leben und Arbeiten auf einem echten Bergbauernhof jenseits der tausend Höhenmeter ist, der wende sich an die Bergbauernhilfe. Der gemeinnützige Verein nämlich kümmert sich um den Erhalt der Höfe – und damit auch um das eigene kulturelle Erbe. Hier werden die Bedingungen abgeklopft und bei echtem Interesse die infrage kommenden Höfe vermittelt. Minimum muss man eine Woche arbeiten, und das unentgeltlich. Was es am Hof zu tun gibt, steht auf den folgenden Seiten. Tatsächlich fehlen den Südtiroler Bergbauernhöfen durch Abwanderung junger Leute die anpackenden Hände. Der Preisverfall auf dem auf dem Agrarmarkt und die harte, aber relativ ertragsarme Arbeit hoch „droben“ tun ihr Übriges. Seit 1996 versucht die Bergbauernhilfe dem entgegenzuwirken – ist ein Hof in erster Linie doch Heimat für die dort Lebenden. Aber auch ein Arbeitsplatz in und mit der Natur, der ganz nebenbei absolut notwendig ist für die „drunten“ im Tale. Arbeit gibt es das ganze Jahr über, Hauptsaison ist jedoch zwischen Juni und September, wenn die Ernte eingefahren wird. Dabei bleibt man in erster Linie draußen auf den Weiden oder in den Ställen. Aber auch in der Küche und bei der Versorgung von alten und beeinträchtigten Hof-Bewohnern*innen und Kinder Hilfe nötig sein. Das Einsatzgebiet richtet sich dann auch nach den Talenten und Eignungen der Freiwilligen. Angst vor Arbeit mit den eigenen Händen sollte man eher nicht haben. Zaunstangen entrinden, Heu wenden, Stall ausmisten und Tiere füttern, Kochen, Haushalts- und Gartenarbeit sind hier an der Tagesordnung. Nicht nur die Hände bekommen zu tun, es sind vor allen Geist und Herz, die hier nachhaltig wiederbelebt werden. Wenn Sie also beim nächsten Mal in Südtirol im Tal stehen, den Kopf in den Nacken legen und die Majestätisch an den steilen Hängen thronenden Höfe erblicken, dann nehmen Sie doch dieses Buch einfach wieder zur Hand oder geben auf dem Smartphon berbauernhilfe.it ein. Vielleicht ist das der Moment, in dem Ihre nächste „Urlaubsplanung“ eine ganz neue Perspektive bekommt.

 

Stallarbeit

Mit dem Gang in den Stall fängt der Tag an – und hört meistens auch damit wieder auf. Mit Ausmisten etwa zwischen den im Stall verbleibenden Kühen und Ziegen. Auch hier kann man „Freundschaften“ knüpfen, vor allem, wenn es um das Füttern der Kälbchen geht. Eier aus dem Hühnerschlag einsammeln sowie die Huftiere pflegen, gehört ebenfalls zum Dienstplan. Melken ist nur an wenigen Höfen Teil des freiwilligen Arbeitseinsatzes. Das liegt ganz einfach daran, dass dies in der Regel Chef*innensache ist und außerdem viel Fingerspitzengefühl voraussetzt.

 

Heu machen

Heu ist das Futter der Tiere. Vor allem im Sommer wird der Vorrat für die harten Wintermonate eingelagert. Damit nichts verrottet, muss das Heu selbstverständlich vorher in der Sonne getrocknet werden. Dort auf den steilen Hangwiesen, wo das Gras wächst, muss es nach dem Mähen gewendet werden, solange das Wetter stabil sonnig bleibt. So ganz ohne ist das nicht, den ganzen Tag am abschüssigen Hang mit der Heugabel zu hantieren. Obwohl Maschinen dabei helfen können, kommt hier tatsächlich vor allem die gute alte Handarbeit zum Einsatz – also an Handschuhe denken, um Blasen vorzubeugen!

 

Holzarbeit

Holz fungiert auf einem Bergbauernhof quasi als Universal-Material. Ähnlich wie beim Heu muss das Brennholz zum Heizen in den Sommermonaten gesägt, maschinell gespalten und anschließend eingelagert werden. Aber man braucht es auch, um Zäune aufzustellen: Durch die Last des Schnees oder zu Tal rutschende Lawinen werden jedes Jahr viele Zaunpfähle umgeworfen und so die Begrenzung der Weideflächen für die Tiere zerstört. Die Begrenzungspfähle müssen natürlich vorher aus den Stämmen kleinerer Bäume erst hergestellt werden. Diese werden entrindet und angespitzt, auf den Berg transportiert und dann eingeschlagen. Der offenbar ganz simple Arbeitsablauf ist jedoch gleichzeitig der Muskelkaterverursacher Nummer eins – so steht es zumindest in den vielen Erlebnisberichten von Berghelfer*innen.

 

Hausarbeit

Je nach Talent oder körperlicher Verfassung, aber auch je nach Wetter fallen drinnen und rund ums Haus genügend weitere Tätigkeiten an. Beispielsweise Kochen. Gerade wegen der vielen harten Arbeit sollte man dreimal täglich einige Kalorien zu sich nehmen. Natürlich gibt es auch ältere und sehr junge Hof-Bewohner*innen oder solche mit körperlichen Einschränkungen, die betreut werden müssen. Bauer und Bäuerin haben in der Regel draußen genug zu tun: Dazu gehört Holz in ofengerechte Scheite zu hacken und anschließendes Aufschichten ebenso, wie sich um den eigenen Anbau im Garten zu kümmern.

A Change of Perspective — Volunteering on South Tyrolean Mountain Farms – MAKERS BIBLE – Handgemachte Qualität